Laudatio auf die Träger des DIALOG-Preises
Wladyslaw Bartoszewski: Eine Laudatio auf die Träger des DIALOG-Preises 2009
Ludwig Mehlhorn und Wolfgang Templin haben zum authentischen Dialog zwischen Polen und Deutschen beigetragen, und zwar in einer Zeit der offiziellen Verlogenheit, als hinter dem Schild lautstarker Freundschaftserklärungen alles seitens der Machthaber unternommen wurde, um den Antagonismus zu stärken. Die kommunistischen Regimeführer wussten es sehr gut, mit nationalistischen Vorurteilen eigener Völker zu manipulieren.
Erlauben Sie, dass ich meine Laudatio mit der Erinnerung an eine andere Preisverleihung und einen anderen Preisträger beginne. Im Jahre 1998 ist nämlich anlässlich der Vergabe des Deutsch-Polnischen Preises ein Artikel in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" erschienen mit dem vielsagenden Titel "Leiser als Adenauer und de Gaulle aber mindestens so mutig". Diese Überschrift charakterisierte auf sehr zutreffende Weise den damaligen Laureaten Günter Särchen, einen verdienten Wegbereiter der deutsch-polnischen Aussöhnung, der im Rückblick auf seinen eigenen Lebensweg im Brief an Bischof Alfons Nossol schrieb: "Es waren von Gott beschützte wunderbare Jahrzehnte. Wunderbar, weil vieles, was wir taten, nur durch einen wunderbaren Eingriff möglich war. Lese ich heute in meinen Unterlagen, so erschrecke ich über meine damalige naive Gläubigkeit. Ich erschrecke über meinen Mut."
An Günter Särchen erinnere ich deshalb, weil der von ihm geschlagene Pfad auf wesentliche Weise auch für die heutigen Träger des DIALOG-Preises 2009 richtungweisend war. Die Aktivitäten der von ihm mitbegründeten "Aktion Sühnezeichen" oder sein "Polenseminar", aus dem 1985 die "Anna-Morawska-Gesellschaft" hervorgegangen ist, waren prägend für viele Anhänger der demokratischen Bürgerbewegung innerhalb der DDR, die großen Wert an inoffizielle Kontakte mit polnischer Opposition legten. Dazu gehörten auch Ludwig Mehlhorn und Wolfgang Templin. Ludwig Mehlhorn sprach selbst über dieses Verhältnis und über das Erbe Günter Särchens: "In der DDR hat Särchen absolut Pionierarbeit geleistet. Er hat das als seine Lebensaufgabe gesehen und ist dieser Aufgabe treu geblieben. Das nötigt mir hohen Respekt ab. Er hat dadurch Wege gebahnt für Leute aus der jüngeren Generation, wie mich, aber auch für hunderte wenn nicht tausende andere. (…) Was ich später getan habe und was über seinen Ansatz hinausging (…) wäre nicht möglich, wenn er nicht die Erstkontakte gehabt hätte. Also das fußt alles auf der Saat, die er gesät hat. Insofern bin ich sein Kind."
Auf der anderen Seite berichtete auch Wolfgang Templin unlängst in einem Interview für die polnische Ausgabe des Wochenblattes "Newsweek" über seine Vorbilder und nannte dabei unter anderem den im Juli verstorbenen polnischen Philosophen Leszek Kołakowski. Kołakowski wurde übrigens - und das ist in diesem Zusammenhang wohl kein Zufall - genauso wie Särchen im Jahre 1927 geboren, und auch wenn er seine Lebensaufgabe auf etwas andere Weise verwirklichte, so bestand das Ziel seiner Arbeit doch ebenfalls in dem Streben nach Überwindung des Hasses und Bewahrung der Menschenwürde, ein Engagement das unter anderem 1977 in der Ehrung mit dem Friedenspreis des deutschen Buchhandels Anerkennung fand. Kołakowski, ein junger Kommunist, der in seinen späteren Jahren wie kein anderer zur Entlarvung des Marxismus beigetragen hat und zum intellektuellen Leuchtturm der demokratischen Oppositionsbewegung - nicht nur in Polen - wurde, musste für Templin allein schon aufgrund von ähnlicher Erfahrung mit der Abkehr von der naiven Ideenwelt zum Bezugspunkt auf persönlicher Suche nach weiterem Lebensweg werden, einer Suche, bei der sich Kontakte mit freiheitlich und demokratisch gesinnten Kreisen in Polen als entscheidend erwiesen haben. Prägend für Ludwig Mehlhorn war die schon erwähnte Mitwirkung im Rahmen von "Aktion Sühnezeichen" und der "Evangelischen Studentengemeinde" ab 1969 sowie die Mitarbeit an unterschiedlichen Friedens- und Menschenrechtsinitiativen ab 1975, was ihm seitens des Staates Hausdurchsuchungen, Verhöre, sowie Berufs- und langjährigen Auslandsreiseverbot brachte. Und für Wolfgang Templin ausschlaggebend für spätere Tätigkeit war vor allem der Studienaufenthalt in Polen von 1976 bis 1977, in der Zeit also, als in meinem Land das Komitee zur Verteidigung der Arbeiter (KOR) entstand und die organisierte Widerstandsbewegung gegenüber der kommunistischen Diktatur den Fuß fasste.
Diese Zeit gab ihm die Möglichkeit seine Weltanschauung zu revidieren und erste Kontakte zur polnischen Opposition zu knüpfen, die er in nachfolgenden Jahren unter anderem bei der Mitwirkung an unabhängigen Friedensgruppen vertiefte. Wolfgang Templin erinnerte sich an diese Etappe seines Lebens in dem schon zitierten "Newsweek"-Interview: "Wenn ich auf mein Curriculum Vitae in der DDR zurückblicke, dann ist nicht der Anfang, sondern der spätere Weg bemerkenswert. Und Polen war hier wesentlich richtungweisend. Als ich in Polen ankam, war ich fast 30. Ohne Illusionen, hatte ich sehr kritische Einstellung zum Kommunismus, aber ich wusste damals noch nicht, wohin mich das führen wird." In den Achtzigerjahren war Ludwig Mehlhorn Verfasser und Herausgeber illegaler Schriften. "Aufrisse" und "Spuren" sind nur wenige Beispiele. Darüber hinaus übersetzte er aus dem Polnischen und organisierte literarische Lesungen in Privatwohnungen. Wolfgang Templin trat inzwischen 1983 aus der SED aus und wurde zwei Jahre später zum Mitbegründer der Oppositionsgruppe "Initiative Frieden und Menschenrechte", deren Selbstverständnis Ludwig Mehlhorn in seinem Aufsatz "Der politische Umbruch in Ost- und Mitteleuropa und seine Bedeutung für die Bürgerbewegung in der DDR" so beschreibt: "Es gilt die in Jalta beschlossene Teilung Europas zu überwinden. Wir unterstützen eine Politik, die der Blockauflösung und der Aufhebung dieser Teilung dient." Die "Initiative Frieden und Menschenrechte" zielte auf die Herausbildung einer kritischen Öffentlichkeit ab, und deklarierte entschlossen: "Die etablierte Macht ist an solchen Veränderungen nicht interessiert. Die Garantie politischer Freiheitsrechte kann deshalb nicht von den Herrschenden erwartet werden, sondern muss gegen sie durchgesetzt werden."
Die beiden Lebensläufe erwähne ich mit einem Atemzug, weil sie charakteristisch für den Weg ostdeutscher Oppositioneller sind. Oppositionsbewegungen in Polen und der ehemaligen DDR sind im Grunde kaum miteinander zu vergleichen, allein deswegen, weil sowohl der geringere öffentliche Widerstand gegen die kommunistische Obrigkeit in Ostdeutschland nicht der Skala der allgemeinpräsenten Ablehnung der Diktatur in Polen entsprach, als auch aufgrund der unterschiedlichen Tradition und schließlich der anderen politischen Lage beider Ostblockstaaten. In Polen verlief der Widerstand gegenüber der Staatsgewalt nach einem tief verwurzelten und von Generation zu Generation überlieferten Muster, denn der Staat wurde jahrzehntelang mit dem Besatzer oder Okkupanten gleichgesetzt. Im Grunde befand sich also die polnische Gesellschaft vom Ende des 18. Jahrhunderts mit kurzer Atempause während der Zwischenkriegszeit im anhaltenden, permanenten Verteidigungszustand, was natürlich prägend für die Mentalität sein musste. Wie Professor Klaus Ziemer, ehemaliger Leiter des Deutschen Historischen Instituts in Warschau bemerkt, erfreute sich der Ausdruck "Dissident" in Polen keiner Popularität, weil die Oppositionellen eigentlich für die wahren Träger der wirklichen nationalen Identität und Normen galten.
Wolfgang Templin fasst diesen Unterschied in knappen Worten: "Ich glaube, die Polen waren einfach mehr frech. Hatten mehr Mut. Machten schneller den Mund auf." Von Frechheit und Mundaufmachen in der DDR war unterdessen kaum die Rede. Die ostdeutsche Gesellschaft wurde förmlich erzogen in der Tradition der paternalistischen Relation zwischen dem Staat und seinen Bürgern, die zwar historisch gesehen begrenzte Mitentscheidungsmöglichkeiten hatten, dafür aber - seit Bismarcks Sozialreform - zumindest ein Minimum an sozialer Sicherheit genossen. In diesem Modell funktionierte - anders als in Polen - eine positive Einstellung gegenüber dem Staat. In Verbindung mit fehlenden demokratischen Erfahrungen (denn die kurzen Jahre der Weimarer Republik hinterließen wohl kaum denkwürdige Spuren in der Mentalität) begünstigte dies keineswegs den Bedarf des bürgerlichen Engagements oder gar der Opposition. Dazu kamen auch massive Repressalien der kommunistischen Sicherheitskräfte, die dafür sorgten, dass sich der Widerstandswille gegen die alleinrichtige SED-Politik in engen Grenzen hielt. Die DDR war nicht nur als Staat sondern vor allem als Gesellschaft von allen Ostblockländern am nächsten an der Sowjetunion orientiert und galt nicht ohne Grund als sozialistischer Musterschüler. Man spricht sogar von dem besonders bizarren Fall des "preußischen Kommunismus", einer Verbindung, die vor allem in Augen der Polen sehr ablehnend betrachtet wurde.
Missverstehen Sie bitte meine Äußerungen nicht als reine Kritik des Konformismus, der mangelnden Engagementbereitschaft oder des fehlenden Selbstbestimmungswillens der ostdeutschen Gesellschaft, sondern fassen Sie meine Worte eher als Lob für diejenigen, die gerade trotz sowohl akuter staatlicher Unterdrückung, als auch im Angesicht dürftiger öffentlicher Unterstützung doch den Mut und den Willen fanden um - die Worte von Wolfgang Templin paraphrasierend - frech zu sein. Wer von der Opposition in der DDR spricht, darf natürlich über einen Umstand nicht hinwegsehen, den es in keinem anderen Ostblockstaat gab, nämlich die Teilung Deutschlands und somit die Existenz der Bundesrepublik als einer Alternativwirklichkeit und eines Zufluchtsortes für die Gegner des SED-Regimes. Auch in meinem Land war selbstverständlich die politische Flucht in den Westen verbreitet, es existierten aktive Emigrationszentren, die der Opposition mit dringend benötigter Hilfe und Unterstützung dienten, ein zweites Polen mit anderem politischen System, das den Flüchtigen Asyl bieten könnte gab es dennoch nicht.
Und man muss in diesem Zusammenhang bedenken, dass mehr als drei Millionen DDR-Bürger tatsächlich in die Bundesrepublik ausgereist, ausgewiesen wurden oder unter Lebensbedrohung geflüchtet sind. Oft gerade diejenigen, die am meisten Mut und Bereitschaft hatten, um nach Freiheit zu streben, Widerstand zu leisten oder potenzielle Oppositionsstrukturen zu organisieren. Den Gebliebenen - vor allem nach dem Mauerbau - blieb meistens wenig Hoffnung übrig. Das alles hat - laut Professor Ziemer - entschieden das Widerstandpotenzial geschwächt und übrigens auch innerhalb der ostdeutschen Bürgerrechtsbewegung zu Konflikten geführt. Wichtiger Unterschied zwischen der Opposition in Polen und der DDR bestand auch darin, dass die Kraft der polnischen Widerstandbewegung auf der Zusammenwirkung der Intellektuellen und der Arbeiter basierte, was ihr den notwendigen Massencharakter verlieh, den es andererseits in der DDR bis Herbst 1989 so nicht gab.
"Die Erhebung der Ost-Berliner Arbeiter im Juni 1953 und ihr gewaltsames Ende zeigte die Aussichtslosigkeit, mit spontanen, von einem bloßen Freiheits- und Gerechtigkeitsstreben diktierten Aktionen die sowjetische Militärmacht besiegen zu können", erklärt Ludwig Mehlhorn in seinem schon zitierten Aufsatz über die Bürgerbewegung in der DDR. Und weiter: "Im Gegenteil, die Macht der SED konsolidierte sich. Der 17. Juni hinterließ bei der damals aktiven Generation ein Trauma, das bis in den Herbst 1989 nachwirkte." Unter den ostdeutschen Bedingungen war es also kaum mehr möglich klassische Oppositionskreise zu bewegen, nämlich Arbeiter, Studenten und Intellektuelle. Was blieb, waren im Grunde die kirchennahen Gruppen, obwohl auch dies nicht zu vergleichen ist mit der Rolle der katholischen Kirche Polens als geistigen Zentrums des Widerstandes, Asyls des halbfreien öffentlichen Lebens und zugleich des Hüters nationaler und freiheitlicher Werte. Die Evangelische Kirche in der DDR galt natürlich auch als Bezugspunkt für die ostdeutsche Bürgerrechtsbewegung und - wie am Beispiel der Tätigkeit von Günter Särchen angesprochen - als Initiator von Versöhnungsgesten und Kontakten mit Oppositionellen in Polen. Aber das alles fand vor dem Hintergrund der praktischen Durchsetzung der Regel "Kirche im Sozialismus" statt, die in vielen Fällen einer Anpassung an die Wirklichkeit, nicht ihrer Infragestellung diente.
Die Kontakte der kirchlichennahen Gruppen und Gesellschaften in beiden Ländern erwiesen sich aber als wichtige Austauschplattform gegen das totalitäre System. Beziehungen zwischen der "Aktion Sühnezeichen" und "ZNAK" waren zwar nicht primär gegen die Diktatur gerichtet und zählten nicht zu oppositionellen Aktivitäten schlechthin, haben aber wichtige Voraussetzungen geschaffen. Ludwig Mehlhorn, der an diesen Aktivitäten beteiligt war, spricht hier vor allem von authentischem Dialog gegen die vorherrschende ideologische Verlogenheit. Kräftige Impulse für die Bürgerbewegungen in der DDR gingen später von der Entstehung des "Komitees zur Verteidigung der Arbeiter" und der "Gesellschaft für wissenschaftliche Kurse" in Polen und der "Charta 77" in der Tschechoslowakei aus. Man setze viel daran, diese Kontaktbasis zu verbreiten, obwohl der Aufbau der Oppositionsbewegung in der DDR durch massive Reiseverbote in andere Ostblockstaaten sehr behindert wurde.
Wie Basil Kerski in seinem Beitrag von der "Rolle der nichtstaatlichen Akteure in den deutsch-polnischen Beziehungen" schreibt, wurde die Entwicklung eines dichten Kontaktnetzes zwischen demokratischen Oppositionsgruppen durch die Schließung der deutsch-polnischen Grenze für den visafreien Verkehr im Oktober 1980 bis zum Mauerfall fast unmöglich gemacht. Mehlhorn und Templin wirkten dennoch als Träger der polnischen Oppositionsidee in der DDR weiter, auch wenn dieser Standpunkt der ostdeutschen Oppositionellen zu den tief verwurzelten und von der Parteiführung bewusst unterstützten antipolnischen Stereotypen des DDR-Durchschnittsbürger im Widerspruch stand. Laut der "Geschichte der Opposition in der DDR" von Ehrhart Neubert, waren ostdeutsche Bürgerrechtler wohl die einzige Gruppe, die sich mit der polnischen antikommunistischen Bewegung identifizierte und sich durch die Ereignisse im Nachbarland motivieren und inspirieren ließ, auch wenn bei dieser Inspiration manchmal Realismus die Oberhand gewann. So sprach Markus Meckel in seinem Text "Aufbrüche" aus dem 1994 erschienenen Band "Zehn Jahre kirchliche Friedensarbeit": "Mit Bewunderung schauten wir nach Polen. Wir dachten mit Bestürzung, dass etwas Ähnliches mit Deutschland wohl nicht möglich wäre." Das Unmögliche wurde aber möglich. Und erst nach dem Mauerfall entstand erneut die ungehinderte Möglichkeit, frühere Kontakte wiederaufzunehmen.
Ludwig Mehlhorn injizierte sogar 1990 eine gemeinsame Erklärung polnischer und ostdeutscher Oppositioneller mit kritischer Bilanz der bisherigen Beziehungen beider Länder und einen Aufruf zum Neuaufbau der Relationen, unterschrieben auch von Wolfgang Templin. Die Preisträger haben zum authentischen Dialog zwischen Polen und Deutschen beigetragen, und zwar in einer Zeit der offiziellen Verlogenheit, als hinter dem Schild lautstarker Freundschaftserklärungen alles seitens der Machthaber unternommen wurde, um den Antagonismus zu stärken. Die kommunistischen Regimeführer wussten es sehr gut, mit nationalistischen Vorurteilen eigener Völker zu spielen. Diese politische Instrumentalisierung der Emotionen war im traumatischen deutsch-polnischen Verhältnis besonders leicht. Wolfgang Templin und Ludwig Mehlhorn haben trotzdem Kontakte zu Regimegegnern im Nachbarland aufgenommen und sie als Motivation zum eigenen Handeln verstanden. In diesem Zusammenhang ist die Anerkennung ihrer Tätigkeit durch die Verleihung des DIALOG-Preises im Jubiläumsjahr 2009 eine längst fällige und verdiente Geste.
Erlauben Sie, dass ich abschließend kurz meine Worte wiederhole, die ich schon anlässlich der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels im Jahre 1986 in der Frankfurter Pauluskirche äußerte: "Die Generation, der ich angehöre, hat mit eigenen Augen die Mauern und Drahtverhaue gesehen, welche die Menschen trennten, die Mauern der Ghettos von Warschau und anderswo, die Mauer, die jahrelang quer durch Jerusalem lief, und die Mauer, die bis heute Berlin teilt. Es scheint das wichtigste zu sein, all das zu unterstützen, was die Menschen verbindet, und sich all dem zu widersetzen, was die Menschen gegen ihren Willen trennt." Ludwig Mehlhorn erinnerte sich später an den Eindruck, den dieser Aufruf bei den ostdeutschen Oppositionellen hinterließ: "Hätte die DDR-Opposition Sätze formuliert, in denen die Berliner Mauer neben der des Warschauer Gettos auftaucht, wäre dieser Kurs als abenteuerlich und Ausdruck reaktionären Bewusstseins gewertet worden - nicht etwa nur von der SED und der Staatssicherheit. Auch bei der kulturellen Elite, in den Kirchen und in der politischen Öffentlichkeit in beiden deutschen Staaten hätte sie sich verdächtig gemacht und Sympathien verschätzt. Bartoszewski indessen konnte niemand unterstellen, die deutsche Schuld verharmlosen zu wollen." Wie sich also letztendlich herausstellte: Manchmal lohnt es sich frech zu sein … Ich gratuliere Ihnen und drücke vor allem mit dieser Laudatio meinen Dank aus!
Władysław Bartoszewski Historiker, Staatssekretär in der Regierung von Donald Tusk, Beauftragter des Premierministers für den internationalen Dialog; ehemaliger Außenminister Polens.