Editorial DIALOG | Ausgabe 115

Basil Kerski, Chefredakteur
Basil Kerski, Chefredakteur

Eine Epoche geht zu Ende, eine neue beginnt. Den Zeitenwechsel signalisieren wichtige Jubiläen und der Verlust von Menschen, die die deutsch-polnischen Beziehungen in den letzten Jahrzehnten maßgeblich geprägt haben. In dieser Ausgabe unseres Magazins verabschieden wir erneut Protagonisten der deutsch-polnischen Aussöhnung: den genialen Kulturvermittler Karl Dedecius, den Architekten der ersten polnisch-westdeutschen Städtepartnerschaft Danzig-Bremen Hans Koschnick sowie Hans-Dietrich Genscher. Der legendäre Außenminister der Bundesrepublik war Mitunterzeichner des Grenz- und des Nachbarschaftsvertrages. Koschnick und Genscher haben als Kuratoriumsmitglieder die Arbeit der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Bundesverband unterstützt. Der Dachverband von fast 50 deutsch-polnischen Vereinen feiert in diesem Jahr seinen 30. Geburtstag. Die zentrale Feier plant der Bundesverband am 30. September in Danzig im Europäischen Solidarność-Zentrum, einer modernen Kulturinstitution, die vor wenigen Tagen mit dem renommierten Museumspreis 2016 des Europarates ausgezeichnet wurde. Der 25. Geburtstag des Nachbarschaftsvertrages ist das zweite wichtige Jubiläum. Trotz dieser bedeutenden Jahrestage sind viele Menschen, die in deutsch-polnischen Partnerschaften aktiv sind, in diesen Zeiten nicht in richtiger Jubiläumsstimmung. Zu groß ist die Sorge um das politische Klima in Polen und um die Zukunft Europas. Die Szydło-Regierung hat in den letzten Monaten den Willen zur Fortsetzung der Partnerschaft unterstrichen, doch gleichzeitig wird von vielen PiS-Politikern die Qualität der deutsch-polnischen Beziehungen infrage gestellt, vor allem die positive historische Rolle von Persönlichkeiten wie Bartoszewski, Skubiszewski oder Mazowiecki. Der Vorsitzende der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Bundesverband e. V., Dietmar Nietan, ruft die polnische Regierung im neuen DIALOG dazu auf, den Kulturkampf und die Angriffe auf die Legenden der deutsch-polnischen Versöhnung zu beenden und sich gemeinsam mit Deutschland auf die Zukunftsfragen zu konzentrieren. Viele werden meinen, dies sei wieder ein Appell, der ohne Folgen bleiben werde. Doch er kommt von einem Repräsentanten der Bürgergesellschaft. Deren Bedeutung ist nicht zu unterschätzen. Dietmar Nietan hat Recht, wenn er unterstreicht, dass die Beziehungen zwischen den Nationen nicht durch Regierungen, sondern von einzelnen Menschen geprägt werden. Sie werden entscheiden, wie die neue Epoche der deutsch-polnischen Beziehungen aussehen wird.

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