Editorial DIALOG | Ausgabe 109

Basil Kerski, Chefredakteur
Basil Kerski, Chefredakteur

 

2014 ist ein Jahr der großen Gedenktage, ein Jahr der Erinnerungskultur. Schon jetzt, noch vor dem Ablauf des Jahres wird zudem erkennbar, dass 2014 auch als ein politisch bedeutendes Datum in die europäischen Geschichtsbücher eingehen wird: Euromajdan-Revolution, Krim-Besetzung durch Russland, Krieg in der Ost-Ukraine. Der russisch-ukrainische Konflikt verunsichert Deutsche und Polen, hat uns deutlich gemacht, wie brüchig der Frieden in Europa 25 Jahre nach dem Erfolg der friedlichen Revolutionen ist. 2014 war aber bislang für Deutsche und Polen auch ein Jahr der großen positiven Emotionen. Die deutschen Fußballfans freuten sich über den WM-Erfolg ihrer Nationalmannschaft, deren Spielkultur die Fans weltweit bewundert haben. Und einige Wochen später erlebten polnische Fans den lang ersehnten ersten Sieg ihrer Fußballnationalmannschaft über ein deutsches Team. Positive politische Emotionen hat in den deutsch-polnischen Beziehungen Donald Tusks Ernennung zum Präsidenten des Europäischen Rats geweckt. Zu Recht ist diese Ernennung nicht nur als persönlicher Erfolg des Danziger Politikers sondern auch als eine Wertschätzung für die polnische Demokratie gedeutet worden. Tusks Weggang nach Brüssel markiert einen Epochenwechsel in der polnischen Politik. Kein anderer Premierminister hat nach 1989 so lange regiert, so viele Wahlen gewonnen, die politische Landschaft Polens so stark mitgeprägt wie Donald Tusk. Wir haben daher Janusz Majcherek und Klaus Bachmann gebeten, diesen Epochenwechsel in der polnischen Politik zu deuten. In so dynamischen Zeiten wie heute muss ein europäisches Magazin wie der DIALOG nahe am politischen Geschehen bleiben. Doch ist es auch wichtig, auf Gesellschaften aus einer nichtpolitischen, kulturellen Sicht zu schauen. Unsere Zeitschrift hat sich in den letzten Jahren intensiv mit der Gegenwartsliteratur auseinandergesetzt. In der aktuellen DIALOG-Ausgabe wollen wir auf ein populäres literarisches Genre blicken, das in unserem Magazin bislang nur marginal wahrgenommen wurde: dem Krimi. Mit Marek Krajewski hat bereits ein polnischer Krimiautor große Erfolge in Deutschland feiern können. Ihn haben wir schon vor einigen Jahren im DIALOG porträtiert. Seine in der Geschichte Breslaus angesiedelten Romane haben eine ganze Welle von stadtgeschichtlichen Krimis in Polen ausgelöst. Tobias Gohlis, den Begründer der renommierten Krimi-ZEIT-Bestenliste, haben wir gebeten, für unseren Leser die Stellung des Krimis in der deutschen Kulturlandschaft zu beschreiben. Sein brillanter Essay geht aber noch viel weiter. Gohlis unternimmt auch den Versuch, die grundsätzliche Rolle des Krimis in der Kultur zu deuten: „Kriminalliteratur operiert an der Kante zu einer Wirklichkeit, die möglichst nicht eintreten sollte. Das macht ihren Reiz aus. Kriminalliteratur ist Literatur, die Angst macht und Angst löscht.“

Basil Kerski

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